Was ist ein Attributionsmodell und wieso ist der Einsatz wichtig?

Wenn ein Konsument ein Produkt in einem Online Shop kauft, hat er im Regelfall viele verschiedene Kontaktpunkte mit dem Produkt und dem Unternehmen.

Er durchläuft im Vorfeld des Kaufprozesses verschiedene Informationsphasen, in denen er Vertrauen in die Marke aufbaut, Zweifel an der Kaufentscheidung abbaut und sich vielleicht auch Konkurrenzprodukte anschaut, Preise vergleicht, etc. Das Internet ist transparenter denn je und der Verbraucher ist, nicht zuletzt durch das sich in den letzten Jahren stark geänderte E-Commerce Umfeld, anspruchsvoller geworden. Giganten wie Amazon haben Maßstäbe in Sachen Preistransparenz, Customer Centricity, Usability und Kundenservice gesetzt, die auch Kauf- und Entscheidungsprozesse nachhaltig verändert haben.

Während noch vor einiger Zeit zur Messung von Werbeerfolgen ausschließlich der letzte Kontaktpunkt herangezogen wurde, ermöglichen Attributionsmodelle seit einigen Jahren eine neue Dimension der Betrachtungsweise von Conversions. Da eben immer häufiger nicht nur ein Werbekontakt erfolgt bevor ein Produkt gekauft wird, ist es entscheidend alle Kontaktpunkte (auch „Touchpoints“ genannt) zu betrachten und den Conversionwert (Umsatz) auf alle Touchpoints zu attribuieren. Nur wenn diese mehrdimensionale Betrachtung angewendet wird, können kluge und gewinnmaximierende Budgetentscheidungen getroffen werden.

Welche Unterschiede zwischen Attributionsmodellen gibt es?

Es gibt eine Vielzahl an möglichen Attributionsmodellen. Die in der Folge kurz vorgestellt werden sollen.

 

Das klassische positionsbasierte „Badewannen-Modell“ bei dem der erste und letzte Kontaktpunkt besonders stark gewichtet wird, unterstellt, dass sowohl der erste initiative Touchpoint, als auch der letzte, finale Kontakt besonders stark gewichtet werden sollten.

Beispiel: Warenkorb = € 150,00

  1. Kontakt = Facebook Ad (30% des Conversionwertes = € 45,00)
  2. Kontakt = Remarketing Ad (13% des Conversionwertes = € 19,95)
  3. Kontakt = Direktzugriff (13% des Conversionwertes = € 19,95)
  4. Kontakt = Google Shopping (13% des Conversionwertes = € 19,95)
  5. Kontakt = Brand Search (30% des Conversionwertes = € 45,00)

 

Das Modell „Zeitverlauf“ berücksichtigt vor allem die zeitliche Komponente und unterstellt, dass Kontaktpunkte, die nah an der finalen Conversion liegen, mehr Gewichtung erhalten sollten.

Beispiel: Warenkorb = € 150,00

  1. Kontakt = Facebook Ad (10% des Conversionwertes = € 15,00)
  2. Kontakt = Remarketing Ad (15% des Conversionwertes = € 22,50)
  3. Kontakt = Direktzugriff (20% des Conversionwertes = € 30,00)
  4. Kontakt = Google Shopping (25% des Conversionwertes = € 37,50)
  5. Kontakt = Brand Search (30% des Conversionwertes = € 45,00)

 

Anders als beim positionsbasierten oder zeitlichen Modell, wird hier der Conversionwert gleichmäßig unter den einzelnen Kontaktpunkten verteilt. Es findet also keine besondere Gewichtung statt und man geht davon aus, dass jeder Werbemittelkontakt den gleichen Anteil an einer Conversion hat.

Beispiel: Warenkorb = € 150,00

  1. Kontakt = Facebook Ad (20% des Conversionwertes = € 30,00)
  2. Kontakt = Remarketing Ad (20% des Conversionwertes = € 30,00)
  3. Kontakt = Direktzugriff (20% des Conversionwertes = € 30,00)
  4. Kontakt = Google Shopping (20% des Conversionwertes = € 30,00)
  5. Kontakt = Brand Search (20% des Conversionwertes = € 30,00)

Für welches Modell man sich letztlich entscheidet, hängt sehr stark vom Geschäftsmodell und der eigenen strategischen Ausrichtung ab. Die Entscheidung muss also in letzter Konsequenz jedes Unternehmen für sich selbst festlegen. Wer zu Beginn mit dem linearen Modell startet, fährt damit auf jeden Fall ganz gut, da es den Warenkorbwert gleichmäßig und fair auf alle Touchpoints attribuiert. Eine Tatsache trifft jedoch auf alle Attributionsmodelle zu: Sie sind in jedem Fall praxisnaher als eine Last-Klick-Betrachtung!

Pfadlängen und Zeitintervall

Pfadlängen und Zeitintervall

In Webanalyse Tools wie Google Analytics gibt es Möglichkeiten die Pfadlängen und das Zeitintervall auszuwerten. Nicht selten ist es erstaunlich zu erkennen, wie viel Zeit vom Erstkontakt bis zum Kauf vergeht oder wie viele Berührungspunkte es mit der Website gab, bevor ein Kunde sich entschlossen hat, das Produkt zu kaufen. Die Kenntnis über diese Zahlen hilft schon enorm, das eigene Business besser zu verstehen.

Beispiel:

Während für ein (austauschbares) Low-Involvement Produkt wie z. B. Briefpapier meist ein sehr kurzes Zeitintervall vorliegt, kann für den Kauf eines High-Involvement Produktes wie z. B. einer Gartenhütte ein sehr langes Zeitintervall vorherrschen.

Pfadanalysen

Ein ebenso nützlicher Bericht in Google Analytics ist die Pfadanalyse. Diese Mikroanalyse zeigt für jede Conversion die einzelnen Kontaktpunkte (Quelle, Medium, Kampagne, Suchanfrage, etc.) mit der Website auf. Auch diese Analyse ist sehr nützlich und hilft sehr das Geschäftsmodell und das Kundenverhalten besser zu verstehen.

Pfadanalysen

Beispiel:

Suchanfragen im Kontext „Preisvergleich und Test“ sind meist vorbereitende Kontaktpunkte (hier blau markiert). Dies hilft zu erkennen, dass bspw. Testberichte etwa in der Mitte der Kaufentscheidungsphase angesiedelt sind. Gleichzeitig könnte mit einer solchen Pfadanalyse ausgewertet werden, für wie viel Prozent der Käufer das Thema „Preisvergleich und Test“ in der Customer Journey enthalten war. Diese Erkenntnis hilft bspw. Werbemittel wie Anzeigen und Landingpages auf bestimmte Themenfelder abzustimmen.

Vorbereitende Conversions

Mit dem Bericht „Vorbereitende Conversions“ in Google Analytics lässt sich erkennen, welche Kanäle einen eher vorbereitenden Charakter haben, also eher am Anfang oder in der Mitte der Customer Journey angesiedelt sind (hier blau markiert) bzw. welche Kanäle den Kauf häufig abschließen (orange markiert).

Vorbereitende Conversions

Beispiel:

Schaut man sich hier den Kanal „SEA – Non-Brand“ an, so ist der Anteil an vorbereitenden Conversions doppelt so hoch wie der Anteil an abschließenden (Last-Klick-) Conversions. Im Umkehrschluss hat der Kanal „SEA – Brand“ eine eher kaufabschließende Funktion. Dies zeigt auf, wie wichtig auch vorbereitende Conversions sind. Während der Kanal „SEA – Non-Brand“ in der Last-Klick-Betrachtung sehr schlecht abschneiden würde, relativiert sich das Bild bei der Betrachtung der Conversion Vorbereitungen.

Vergleich verschiedener Attributionsmodelle

Vergleich verschiedener Attributionsmodelle

Auch eine Gegenüberstellung verschiedener Attributionsmodelle kann hilfreiche Erkenntnisse liefern. Hier sind drei Modelle „Erste Interaktion“ (First Klick), „Linear“ und „Letzte Interaktion“ (Last Klick) gegenübergestellt. Bei dem Kanal „SEA – Non-Brand“ erkennt man, dass es sich um einen stark vorbereitenden Kanal handelt, da der ROAS (Return-on-Advertising-Spendings) vor allem bei dem First-Klick-Modell besonders hoch ist, während er bei der Last-Klick-Betrachtung eher gering ist. Gegenläufig verhält es sich bei der „SEA – Brand“ Kampagne, wobei hier naturgemäß deutlich höhere ROAS-Werte gemessen werden.

Welchen Einfluss haben Attributionsmodelle für die Kampagnensteuerung?

Nehmen wir einmal an, dass für ein bestimmtes Unternehmen ein ROAS-Wert von mindestens 300% erzielt werden muss, um wirtschaftlich zu agieren. Nun weist in dem hier vorliegenden Beispiel der Kanal „SEA – Non-Brand“ in der Last-Klick-Analyse einen ROAS-Wert von nur 260% auf. In der Folge könnte der Online Marketer zu dem Entschluss kommen, für diesen Kanal Budget abzuziehen, da er offenbar unwirtschaftlich ist. Aber schon bei einer linearen Betrachtung wird deutlich, dass der ROAS-Wert eigentlich im grünen Bereich liegt und die Kampagne somit profitabel ist. Ein Budgetabzug wäre demnach zu kurz gegriffen und nicht zwingend empfehlenswert.

Fazit

Attributionsmodelle sind mittlerweile gängige Praxis um Kampagnen hinsichtlich ihrer Performance zu bewerten. Die Last-Klick-Betrachtung berücksichtigt nicht alle relevanten Faktoren und bildet die Realität nicht hinreichend gut ab. Es lohnt sich daher immer, sich alle Kontaktpunkte in der Customer-Journey anzuschauen, um am Ende des Tages die richtige Budgetentscheidung treffen zu können und so die Umsätze und Gewinne zu steigern. Um das Maximum an Budgeteffizienz heraus zu holen, kann es, wie bei allen Online Marketing Disziplinen, auch hier hilfreich sein, sich professionelle Unterstützung eines Experten zu suchen.